Galerie Mezzanin

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Places where threads converge. Where there is a concentration of things that come heading towards each other from all possible and impossible directions. We would like to believe that these places offer a greater overview than others. Where things connect that remain unconnected elsewhere, which otherwise possibly happens without any prospect of mutual acquaintance, without knowing about each other.

It is now only the name of the Berlin underground station Gleisdreieck (literally “rail triangle”) that is reminiscent of its original function. The original tracks, which were on the same level and connected the Anhalt, Dresden and Potsdam lines in the form of a triangle, were rebuilt in the 1910s into a two-level station with tracks crossing each other at different levels.

Today the lines U1 and U2 cross each other at Gleisdreieck on the two levels of the viaducts. In addition, from north to south a long-distance railway line in an underground tunnel cuts through the site, which is however largely impassable for road traffic and pedestrians. The paradox in this is that a huge number of people passes Gleisdreieck every day without being able to gather any information about Gleisdreieck as a place. Road traffic is directed around the site located between Schöneberg and Kreuzberg. Streets which lead to Gleisdreieck, such as Schöneberger Kurfürstenstrasse, end as a cul-de-sac. It is just as impossible to get off a train and leave the station at Gleisdreieck. This place is a non-place. The paths of many people converge here but only to separate again immediately. Coincidental point  of intersection. Loose threads.

 

With “Connecting the Dots“ Michael Hakimi (b. 1968) very precisely describes his first Vienna solo exhibition. Which could sound a little like a promise. A promise that we would perhaps also expect from an exhibition in any case. Ultimately threads usually come together in an exhibition. It represents a place in which works which are normally created independently or perhaps even with a view to potential income must at least be able to “get on together” temporarily. Here they do in fact make contact with each other. They could indeed do nothing else. Nevertheless, for its part the exhibition forms a framework of another order in which something (perhaps exactly what is expected or something completely different?) promises to happen.

 

Hakimi’s works are repeatedly described as acts of formalisation. How he checks information for its semiotic character, form and substance and signs for their ability to represent and communicate. This sounds like a considerably “more abstract” arrangement than it really need be. (It is however an arrangement which can most certainly be found in the first impression triggered by his works and the exhibition tableaux in which he brings these works together. Words such as “reduced”, “concentrated” and “simplified” – but also “code-like” or “enigmatic” trip quite easily from the tongue to describe it.) However, the impression of the simplified-abstract should not conceal the fact that Michael Hakimi’s deliberations take place, so to speak, close to material. Acts of formalisation can take place with hand movements, with the help of a saw or with a mouse click in the Photoshop tool box. They are a result of formal, technical and conceptual search filters. They can just as easily be exemplified in a stencilled silhouette in glowing colours on a black background as exchanged for the association of a dramatically illuminated landscape.

In precisely the same way as material, from the sole of a shoe to the sign, media play a special role for Hakimi’s works in a literal as well as figurative sense. To this end material and medium often enter into precarious alliances. Where and how it can happen that meaning becomes concrete (or otherwise vanishes somewhere). What constitutes a sign physically or under what agreement it must occur so that it either conveys an important message or simply precisely presents a little of what it is. What would be thought of the powerful crowing gestures of the victor as long as bullets are flying around his ears?

 

On the one hand ”Connecting the Dots“ creates very fragile and partly quite obvious nodal points. What probably play no special role are the limits of taste. A fragile dialectic connects material and media, forms and signs. And after various directions, threads, surplus remains and productive connecting points protrude. Some things “see” themselves considerably more simply than they could be precisely “read” as facts. How complicated it can become mainly depends upon our willingness. But it can always become complicated. And that is not so bad.

Translation:  Steve Gander

 

 

(german)

 

Orte, wo die Fäden zusammenlaufen. Wo sich bündelt, was aus allen möglichen und unmöglichen Richtungen aufeinander zusteuert. An solchen Orten, möchte man gern glauben, müsste größere Übersicht herrschen, als anderswo. Dort, wo sich verbindet, was ansonsten unverbunden bleibt, was sonst womöglich ohne jede Aussicht auf ein gegenseitiges Kennen, ohne Wissen voneinander passiert. Nur mehr der Name erinnert an die ursprüngliche Funktion des Berliner U-Bahnhofs Gleisdreieck. Die ursprünglich niveaugleiche Gleisführung als Verbindung zwischen Anhalter-, Dresdener und Potsdamer Bahnlinie in Dreiecksform wurde in den 1910er Jahren zum Kreuzbahnhof mit danach einander überkreuzenden Strecken umgebaut.

Heute kreuzen sich auf den beiden Ebenen der übereinander liegenden Viadukte am Gleisdreieck die Linien U1 und U2. In Nord-Süd-Richtung durchschneidet außerdem der unterirdische Fernbahntunnel das Areal, das für den Kraftverkehr und Fußgänger allerdings weiträumig unpassierbar. Paradox daran ist, dass täglich eine riesige Zahl von Menschen das Gleisdreieck passiert, ohne Aufschluss über das Gleisdreieck als Ort bekommen zu können. Der Autoverkehr wird um das zwischen Schöneberg und Kreuzberg gelegene Areal herumgeführt. Auf das Gleisdreieck zuführende Straßen, wie die Schöneberger Kurfürstenstraße enden in einer Sackgasse. Ebenso wenig ist es möglich, am Gleisdreieck auszusteigen und den Bahnhof zu verlassen. Dieser Ort ist ein Nicht-Ort. Hier laufen die Wege Vieler zusammen, allerdings nur, um sich sofort wieder zu trennen. Zufälliger Knotenpunkt. Lose Fäden.

 

„Connecting the Dots“ überschreibt Michael Hakimi (Jg. 1968) sehr präzise seine erste Wiener Einzelausstellung. Was ein bisschen nach einem Versprechen klingen könnte. Einem Versprechen, wie wir es von einer Ausstellung vielleicht aber auch so erwarten würden. Schließlich laufen in der Ausstellung üblicherweise die Fäden zusammen. Sie bildet den Ort, in dem Arbeiten, die normalerweise an und für sich oder vielleicht sogar mit Blick auf potenzielle Bezüge entstehen, zumindest zeitweise miteinander ‚können’ müssen. Hier nehmen sie tatsächlich Verbindung zueinander auf. Sie könnten ja auch nicht anders. Nichtsdestotrotz bildet die Ausstellung ihrerseits einen Rahmen anderer Ordnung, in dem etwas (vielleicht genau das Erwartete oder etwas völlig anderes?) zu passieren verspricht.

 

Immer wieder werden Hakimis Arbeiten als Akte des Formalisierens beschrieben. Wie er Information auf Zeichenhaftigkeit, Form und Substanz oder Zeichen auf ihre Zeige- und Mitteilungsfähigkeit hin überprüft. Das klingt nach einer wesentlich ‚abstrakteren’ Anordnung, als es tatsächlich sein muss. (Eine Anordnung, die sich aber sehr wohl im ersten Eindruck wieder finden ließe, den seine Arbeiten bzw. die Ausstellungstableaus auslösen, zu denen er diese Arbeiten zusammenfasst. Zu seiner Beschreibung gehen Wörter wie ‚reduziert’, ‚konzentriert’, ‚bereinigt’ – aber auch ‚chiffren-’ oder ‚rätselhaft’ ziemlich leicht von den Lippen.) Der Eindruck des bereinigt-Abstrakten soll aber nicht darüber täuschen, dass Michael Hakimis Überlegungen, sozusagen, eng am Material stattfinden. Akte des Formalisierens können durch Handgriffe geschehen, mit Hilfe der Säge oder mit dem Finger am Abzug im Rahmen der Werkzeugpalette von Photoshop passieren. Sie ergeben sich nach formalen, technischen, konzeptuellen Suchfiltern. In einer in glühenden Farben auf schwarzem Grund schablonierten Silhouette lassen sie sich ebenso gut festmachen wie eintauschen gegen die Assoziation einer dramatisch illuminierten Landschaft. Genauso wie das Material, von der Schuhsohle bis zum Signum, spielen Medien, im buchstäblichen wie übertragenen Sinn, für die Arbeiten Hakimis eine besondere Rolle. Oft gehen Material und Medium dafür prekäre Allianzen ein. Wo und wie es passieren kann, dass sich Bedeutung konkretisiert (oder sich sonst wohin verflüchtigt). Was ein Zeichen physisch ausmacht oder unter welcher Vereinbarung es vorkommen müsste, damit es entweder eine gewichtige Botschaft transportiert oder einfach nur genau das bisschen vorstellt, was es ist. Denn was wäre von der mächtig auftrumpfenden Geste des Siegers zu halten, solange ihm die Kugeln um die Ohren fliegen?

 

„Connecting the Dots“ stellt einerseits sehr fragile und zum Teil ziemlich offensichtliche Knotenpunkte her. Was dabei wahrscheinlich keine sonderliche Rolle spielt, sind Geschmacksgrenzen. Material und Medien, Formen und Zeichen verbindet eine fragile Dialektik. Und nach verschiedenen Richtungen hängen Fäden, überzählige Reste und ergiebige Andockstellen heraus. Manches Ding ‚sieht’ sich deutlich einfacher, als dass es sich als Sachverhalt präzise ‚lesen’ lassen würde. Wie kompliziert es werden kann, hängt vor allem von unserer Bereitwilligkeit dazu ab. Es kann aber immer kompliziert werden! Und das ist nicht so schlecht.