Galerie Mezzanin

Während dem ich mit Catherine an „Speech Model from 'The Flies'“ arbeitete, kam mir die Idee, Requisitenlisten aus anderen Quellen als aus Theatertexten zu erstellen. Ich behandelte dann Wittgensteins 'Tractatus' als ein Theaterstück und versuchte, eine Requisitenliste für dieses zu erstellen. Gemäß der abstrakten Natur des 'Tractatus' werden im ganzen Buch nur sechs materielle Dinge genannt: 
eine weiße Oberfläche mit unregelmäßigen Punkten,
Bücher, eines betitelt mit 'The World as I Found it',
eine Leiter,
ein lebendes Pferd,
ein Grammophon,
Lilien.


„Goose Fair“ ist eine Ausstellung erster Ursachen. All ihre Anfänge sind strikt als Endpunkte definiert; daher schließt sie auch ästhetische Zweifel aus. Im Mittelpunkt der „Goose Fair“ steht zum Beispiel ein als Osterlilie verkleidetes Grammophon. Es sitzt alleine auf einer schwarz-weißen runden Bühne. Das ist das erste Stück einer kleinen Serie, in welcher ich Objekte verkleiden und auf Bühnen geben werde. Mein ursprünglicher Gedanke war, das Grammophon mit einer konstruktivistischen Uniform zu verkleiden. Ich entschied schlussendlich, ein Kinderkostüm zu nähen. Das Grammophon ist ein Nebendarsteller in einem Schultheaterstück, welches von der Wiederauferstehung handelt. Ich hoffe aber, der Beschauer wird es als ein solches mit mehr allgemeineren Erwartungen sehen.


Das Leben dieses Grammophons ist wunderschön. Das Grammophon ist reich und sein Leben ist luxuriös. Aber, vor allem fühlt es sich nervlich erschöpft. Es geriet in die Position eines erfolgreichen Schauspielers ganz versehentlich. So wollte es eigentlich nie wirklich bestarrt werden und das kann nach einer Weile ziemlich anstrengend sein.


Dieses Grammophon ist also ein Wesen mit einem gewissen moralischen Status – oder ein Träger des Rechts. Aber dem moralischen Status liegen als Bedingung gewisse Fähigkeiten zu Grunde. Das Grammophon besitzt ein Gefühl für Selbstwert, eine Vorstellung von Zukunft und Vergangenheit, kennt Werte, trifft Entscheidungen; kurz, es kann ein Leben annehmen. Es besitzt die Fähigkeit zu antworten und es ist angebracht, es als erstes anzusprechen. Schließlich präsentiert sich das Grammophon auch offen gegenüber bestimmten bedeutungsvollen Angelegenheiten.


Die Blütenblätter des Kostüms des Grammophons sind so gemacht wie Mütter in den Vereinigten Staaten Engel- und Waldfeenflügel für ihre Töchter machen. Stoff wird etwas gedehnt und über Draht gezogen, geklebt und geschnitten; die Nähte werden dann mit Glitter bedeckt, um den Draht und die ungeraden Stoffränder zu verstecken.


Glitter ist nicht nur für das Kostüm des Grammophons wichtig; ebenso wichtig ist es für den Rest der Umgebung des Grammophons. Innerhalb der Installation ist Glitter drei mal vorhanden: geklebt auf den Blütenblättern der Osterlilie, eingewoben in einem theatralischen Vorhang und gedruckt auf Papier im Bild der Tautologie. Letzteres ist als „Glitter Tautology“ betitelt und existiert, um bei dem Grammophon Selbstzweifel hervorzurufen.

Am Beginn der Arbeit zu „Glitter Tautology“ gab ich das Wort "Tautologie" in die Google-Suchmaschine ein. Gefunden wurde der Begriff "Tautologie" im dritten Kapitel von Denis´ und Grims 'Fraktal Images of Formal Systems'. In einem Kapitel, betitelt 'The Sierpinski Tautology Map', versuchen die Autoren eine Funktionstabelle zu visualisieren.

 

Überraschender Weise ist das aus ihren Berechnungen resultierende Bild eine exakte Replik des "Sierpinski gasket" von 1907, entdeckt im Jahr der ersten kubistischen Bildes und seither anerkannt als eines der bedeutendsten Belege in der fraktalen Geometrie. In Denis´ und Grims Diagrammen ist "0000" in dunkelstem Grau dargestellt; Tautologien werden immer in Schwarz dargestellt. Ich war speziell an der Darstellung von Tautologien interessiert, bei der alle anderen Werte ausgeschlossen wurden. Ich verwendete dieses Bild, eine Übertragung von unendlich feinem tautologischen Staub, für „Glitter Tautologie“.

Lisa Lapinski (2003)