Galerie Mezzanin

Jutta Koether, Wien 2009
Publikation zur Ausstellung Human or Other, Secession


NICHT FREIE ASSOZIATION

 

“The dialectic does not have a resolution, it is infinitely problematic!“ 
(Jean-Luc Nancy)

 

Also: In der Ausstellung wird es eine Wandzeichnung geben, eine Art Karte des ganzen Projekts, ein Navigationsmodell. In der Zwischenzeit aber singe ich mit beim Refrain von Katrin Plavcaks neuem Song News from the New No-Colonies … und versuche textlich eine Art Auffassungsmapping ihrer Ausstellung Human or Other in der Secession hervorzubringen.

 

KPs Koordinaten sind gegeben durch Entscheidungen zur Malerei, Skulptur, Installation, konkreter festgemacht hier an Notizen, Songtext, Textrealitäten. So wie es bei ihren künstlerischen Arbeiten auch immer gegebene Bildrealitäten sind, an denen entlang sie ihre KP-Welt entwickelt. Die Realitäten sind Bedingung, Grundlage für Äußerungen, aber sie sind auch das, was überwunden werden soll.

 

Dies geschieht über eine Art sanfte Dialektik. Mehr Schwingung als Argumentation von einem zum anderen Gegensatz und Argument. Und doch gebunden im Material. 
Diese Methode nenne ich die Nicht Freie Assoziation.

 

Somebody out there?
Pick me up
I feel like leavin’
I got stuck
On this o’ planet where
I was born
what about a spacecraft?
away we dive
load full of memories
the world is back behind
more about to leave it
and say good bye bye

 

Was war es, das für mich den Ausschlag gab, mich mit ihren Arbeiten zu beschäftigen? Ein Auftrag, aus dem aber eine Art Anliegen wurde. Denn was dann sichtbar wurde, war eine immer wieder sich re-artikulierende Recherche über Bilder, eine Art Zombiezone der Malerei. Denn Malerei stellt sich zur Verfügung. Als Teil der Anstrengung, diese permanenten Sets von Widersprüchen, die Realität ausmachen, zu beschreiben und diese Struggles im Material umzusetzen.

Eine in der Folge recht ausufernde Angelegenheit.

 

Wie geht das Sich-Verhalten der Bilder? Zur Welt, zu sich, zur Künstlerin? Widersetzen sich die Bilder, öffnen sie andere Türen, summen sie sich eins daher? Gemalte Bilder werden als Problem aufgefasst.
A particular kernel of uncertainty. 
Sie sind kein sicherer Ort. Nichts ist.

 

Sowieso. Schaut man sich schnell hintereinander eine ganz Reihe von KPs Bildern an, dann erzielen diese spontan diese Wirkung: Definitely disturbeing painting! Da gibt’s jede Menge Stress. Anxiety attacks. Erschöpfungszustände. Und doch scheint es bei KP immer weiterzugehen. Es gibt keinen Höhepunkt, kein Drama. Eine gewisse Getriebenheit des Immerweitermachens ist im Spiel. Exzessive Produktionsschübe, die einen seltsamen Ton hinterlassen. Haltlos und doch begrenzt. Wie ein Feedback unter Wasser. Fast alles Bildmaterial hat einen solch seltsamen Filter.

 

Man guckt hin, und wieder hin und wieder, kommt aber irgendwie nicht an.

 

Problematisch ohne Ende. 
Weil es einen schier endlos weiter reinzieht in den KP-Filter und into KP-Space. Neokolonisierung, Off-Off-Science, Fluggeräte, New-Age-Phänomena, Fluchtszenarien usw. Und dann werden diese sich schon heftig austauschenden und austauschbaren gemalten Bilder zusätzlich problematisiert mit Skulpturen,Videos, Song and Dance installativer Art. Künstlerisch un-manageable. Wie gut aufgestylte Haare auf einem Hipster-Kopf, die den Eindruck erwecken, als sei er, der Hipster, gerade aus dem Bett gekrochen. Authentisch cool. Und es bleibt unklar, ob der Lifestyle so eingerichtet wurde, dass dem „wirklich“ so ist (authentisch zerzauselt), oder ob es Stunden gebraucht hat, um diesen Style für den Moment so herzustellen. Man wird also bewusst ins Unklare gezogen. Dann wieder erscheinen Bilder und mit ihnen Topics, ganz konkret. Semi-Agit-Prop-haft. Ganz authentisch zersauselt.

 

Schaut man sodann KPs Werk an, scheint es nicht nur eine Band zu sein, die da spielt: It’s a hellfest! Verschiedene Bühnen mit durchaus verschiedenartigen Ansätzen, zusammengehalten von einer Absicht:

 

“What if not only paintings and objects, but the whole space gazes, stares at you?” 
So geht es mir mit KPs Arbeiten. Alles zusammen bildet einen Raum, der einen anguckt und in dem man sich verhalten soll. 
Nur dass dieser „gaze“ keineswegs gerade ist. Mal direkt, mal indirekt, trüb, wolkig, flüchtig schweifend. Dann wieder fast zu nah, zu definiert ... Da gibt’s gar keinen Halt im „gaze“. Es ist die instabile Wirklichkeit der Bilder, die den Blick ausmacht.

 

In einem anderen Text über sie las ich an einer Stelle, dass die Bilder so seien wie ihre Musik, also „sozial engagierte, stilistisch heterogene Popmusik“.

 

Ich sehe aber auch Bilder, die das wiederum genau nicht sein wollen, sondern Feedback erzeugen, Unterbrechungen, kleine Störungen. Dann wieder welche, die sich Aufgaben stellen, die sie illustrativ übererfüllen, dann wieder solche, die sich einfach abwenden.

 

Was den Blick der Bilder im Einzelnen betrifft: Kaum eines guckt einen direkt an, und wenn, dann ist der Blick darin gestört, er ist teils verhindert oder verstellt oder die Augen sind ganz weggelassen.

 

Human or Other nennt KP ihre Ausstellung. Die Bilder haben das Begehren, in sich beides zu beinhalten und die Beziehung zwischen dem einen und dem anderen zu illustrieren. So irrlichtern und argumentieren sie gleichermaßen.

Ungleiche Formen kommunizieren nicht unbedingt in derselben Sprache miteinander. Aber benutzen eine Gelegenheit – den Secessionsbau – als temporäres Spaceship.

 

Ein Zusammenhalter in all dem Kommen und Gehen von Bildern, die kein festes Zuhause haben außer KP-Space, ist für diese Ausstellung in Wien das Motiv des Schnurrbarts.

 

Auszüge aus KPs Notizen:

 

„Die Idee für den Schnauzer an der Fassade der Secession hatte ich unter anderem durch dieses übermalte Plakat, das ich vor kurzem an einer U-Bahn-Haltestelle gesehen habe. Das ist wohl die Ur-Intervention im öffentlichen Raum, ein starkes Zeichen.

 

Der Schnurrbart wird jetzt aus Holzplatten ausgeschnitten und soll sich über dem Spruch Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit – das ist dann quasi der Mund – befinden.

 

Die Architektur der Secession ist ein Zusammenspiel von Geometrie und dem Organischen, und mit dem Schnauzer bildet sich ein Gesicht, das Haus wird verlebendigt.

 

In meiner Ausstellung soll es um ein anderes Erobern von Räumen gehen. Die Raumfahrt oder Kolonialisierung und ihre Machtmechanismen werden als Methoden angezeigt und persifliert.

 

Viele Kolonialherren, wie Hernán Cortés und Vizekönig Lytton aus England, der unter Königin Victoria für verheerende Hungerkatastrophen in Indien zwecks Profitmaximierung verantwortlich war, trugen Bärte. Wilhem der II., der letzte deutsche Kaiser, trug den Klassiker ebenso. Dem Wahnsinn nahe trafen sie Entscheidungen, die tausende Menschen umbrachten.

 

Eine Frau, die den Männern mit dem Bart ihre Eroberungsstrategien wegnimmt und neue erfindet, war das Bild in meinem Kopf.

 

Gerade war in Berlin eine Demonstration von Gewerkschafterinnen, und sie hatten sich auch alle diesen Schnauzer angeklebt. Frauen verdienen in Deutschland immer noch 75 Prozent von dem, was Männer für die gleiche Arbeit bekommen – das wird in Österreich nicht viel anders sein.

 

Die ganzen Gründungsmitglieder der Secession hatten diesen Bart, Koloman Moser, Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbrich, der Architekt der Secession, und sicher: es geht auch um Männer in den Führungspositionen der großen Kunstinstitutionen.

 

Männer mit Schnauzern, die ich klasse finde: Marcel Proust, Helge Schneider, der Sänger von den Eagles of Death Metal und Max Planck – hat auch was Obsessives. von meiner Seite her.
Bartneid spielt sicher auch eine Rolle, ich liebe Bärte.“ (KP)

 

Also gibt es einen großen Schnurrbart auf der Fassade der Secession. Programmatisch-propagandistischer Witz, der sich physisch breitmacht über der programmatischen, eingemeißelten Inschrift der Secession:

 

Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit! Was logisch sich gibt, aber wenn man darüber nachdenkt: Was für eine instabile und teils paradoxe Angelegenheit dieser Satz als Motto doch ist! Die Bedingtheit der Kunst durch die Zeit, die sie hervorbringt, bei gleichzeitigem Auftrag autonom etwas hervorzubringen, das über seine Bedingtheit hinausragt.

 

Das Schnurrbart-Emblem wird also verwendet als der viel zu große Aufhänger. Oder als eine Art Banner, Ankündigung dafür, dass hier mit Human or Other ein Cultural Patchworking/Recycling praktiziert und gleichzeitig ad absurdum geführt wird, während eben all diese Prozesse des re-cycling und re-making, re-using, re-appropriating die Bedingung und Begründung für kulturelle Produktionen aller Art überhaupt zu sein scheinen und verwirrende Ökonomien hervorbringen. Hellfest.

 

Und da sind sie, all die Wirklichkeitpartikel, geäußert in Bildern und Objekten.

 

Diese zweifelhafte Grundlage, die eben auch keine ist, dieser Umstand wird dann ganz konkret auch im Gemalten behandelt. Der Zweifel ist reingemalt, ganz speziell in dieses Bild, das mich gleich als Erstes ansah und das sie so beschrieb:

 

„Ein Thema für mich in der Malerei ist die Verwandlung von Dingen in etwas Lebendiges. Das auf dem Bild Die Bärtigen sollen Black Smoker sein, Schlote von Tiefseequellen, an deren Peripherie sich mittels Chemosynthese eine andere Art von Leben neben unserem etabliert hat. So wie in dem Buch von Karel Capek / der Krieg mit den Molchen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich unter einer Eisschicht des Mondes Europa ebensolche Bedingungen gebildet haben könnten, hier die Verbindung zum Weltall.“ (KP)

 

Ich mag die Art und Weise, in der sie ihre Absicht beschreibt. Und wie pro-aktive Illustration bejaht wird. Das Cartoonhafte, schnell Gemachte, leicht Gestörte. Und auch etwas Nervende.

 

Das Bild – Die Bärtigen – ist ein gemaltes Bild, und über genau diesen Umstand wird noch etwas anders vorgeschlagen. Es ist ein seltsamer Türöffner in ihre gemalte Welt, die mich hineinzieht in das, was Bilder sein sollen, sein können, fragen können.

 

Was ist ihr Bedeutungsanliegen, wie drückt sich das materiell aus? Inwieweit sind die Bilder Techniken des Geworfenen, Vergänglichen, sich vor unseren Augen Verbrauchenden? Inwieweit sind sie Resultat von selbstreflexiver Kritik und/oder reines Konstrukt oder Illustration von Ideen. Painting as itself and not as itself. Und das mehrfach. Kein Wunder, dass die so erschöpft aussehen, die Bärtigen.

 

Die Bärtigen: Sind Margritte’scher Witz, Sprachbild, aber sie bilden auch eine animierte Sphäre, werden konstituierendes Element des Bildraums in ihrer Kreuzung mit den Rollostreifen. Werden selbst Space. Der individuelle Blick ist lang aufgegeben, die Bärtigen haben keine Sinnesorgane, stattdessen eben nur Bärte. 
So bilden sie einen Ersatzsinn qua Bildraum. Sie verköpern diesen „Space as Gaze“

 

Sie sind nicht agressives „Bad Painting“. Eher ein aufrechtes, melancholisches „Bad Painting“.

 

(Hier möchte ich anmerken, dass zum Thema Schnurrbartverarbeitung in der Malerei unbedingt auf die Künstler John Graham und Albert Oehlen zu verweisen ist, obwohl diese beiden eher eine aggressiv-melancholische Haltung einnehmen.)

 

Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Bild etwas „in etwas Lebendiges verwandelt“. Es ist ein Akt der Verwandlung, aber mehr „to make the material properties of paint available to discourse“.

 

Dieses Bild glitscht herüber zu vielen anderen Bildern, wird Attraktor, stellt sich ins Licht, ist gleichzeitig unter Wasser, öffnet und versperrt sich. Ein Bild, das etwas Spezifisches verkörpert, aber gleichzeitig alle Funktion aufgibt. Erschöpft wirkt. Durchlaufstation wird. Disjointed. Inauthentic. A quiet disturbance. Holistically articulated. Doch nicht aufgehend in einem holistischen Gleichklang. Ton in Ton und doch verstimmt.

 

In der Mehrheit der von mir wahrgenommen Bilder KPs ist die Palette zurückhaltend. 
Andere Bilder, die in diese Katogiere gehören, sind Mother, Rollo, Sonnenfinsternis, Wolke imitiert Landschaft, Vergesslichkeit, Die Summe der Teile.

 

“The principle of being in space. Space – a medium that preceeds and determines the objects that it comprehends?” 
Critique and Construct! Um zu verstehen, was los ist mit dem Verhalten von KPs Bildern, will ich ihr Verständnis von Space mit Folgendem vergleichen:

 

“‘If a thing is distant from another, the distance is in fact a relation between the one thing and the other; but at the same time, the distance is something different from this relation between the two things. It is a dimension of space, it is a certain length which may as well express the distance of two other things besides those compared.’ (from Karl Marx Theories of Surplus Value) Marx’s insight is that the structure of homogenous space is neither identical with, nor uniquely associated with visual perception. Instead, it is a type of subject-object relation that determines the form of material productions as well as that of intuition, representation, and scientific knowledge. Under capitalism, commodities are produced for purpose of exchange rather than for consumption by their immediate producers. Because value serves as the basis of comparison in exchange, commodities are conceived as bearers of value (i.e. embodiments of social labor) rather than as objects of use. According to Marx, ‘all products as values are compelled to assume a form of existence distinct from their existence as use-values’ – they become completely interchangeable ‘exchange values’. Like perspectival construction, exchange casts a coordinate net over the world of objects, evacuating them of their content and replacing it with a single, homogenous relation. In Cassirer’s words, ‘It ... operates as a schema through whose mediation the most diverse elements which at first sight seem utterly incommensurate, can be brought in relation with one another’ (from Ernst Cassirer, The Philosophy of Symbolic Forms). For Marx, value is therefore not analogous to space. Space is itself a pure analogy.” (Daniel Berchenko)

 

Und weiter mit KPs Ausführungen: 
„Ein paar Bilder werden sich um die Vorstellung von neuem Land drehen, Utopien, die sich erst konstituieren wie in Die Summe der Teile, oder ein versperrter Ausblick in New Colonies oder ein Science-Fiction-Kampf der Welten zwischen einem Entomopter (Flugroboter) und seinem Öko-Pendant. Da fallen für mich auch die Bilder rein, die relativ abstrakt sind, Spiegelungen von real existierenden Orten, Räumen, die für mich durch Doppelung zu einem neuen Territorium werden.“ (KP)

 

Die Bilder nun ansehend. Die Bärtigen, aber auch solche wie Zack, Phänomen und I Ball, Der Sub am Mars, Raketenmann, Quiet Traveler, They Got Horses, Solar deuten auf ein Festhalten an einer Utopie hin. Buckminster Fuller-ish. Sun Ra-ish. Im Bewusstsein der Bedingtheit von Space dennoch die eigene Konstruktion auf etwas setzen, das außerhalb des Bildes liegt. Gleichzeitig gibt es den Willen, dies ganz konkret umzusetzen in ästhetische Manifestationen.

 

„Ich bin ein großer Fan von Buckminster Fuller, seinem Spaceship Earth und seinen geodesic domes und dem Aufsatz: Doing Your Own Thinking, gegen die Bürokratie und für das Verwirklichen eigener Ideen.“ (KP)

 

Die perspektivische Konstruktion, abgelöst von der Konstruktion des Austauschs und der Ökonomie, wird geplagt von Wirklichkeit und Ablösungsgedanken, leicht aufgeweicht von der sanft dialektischen Verwendung der Outer-Space-Idee. In Human or Other wird eine Ausstellung zur sozialen Raumkapsel.
Was nicht heißt, dass das notwendigerweise optimistisch ist. Das „Out there“, das nach seiner Manifestation sucht. Die Malerei funktioniert hier gleichzeitig als Markierung für dieses Begehren und als Blocker. Ihre demonstrativ hastige und sich verschleißende Verfassung hat einen selbst-kannibalisierenden Effekt, der durch bestimmte malerische Effekte bewusst verstärkt wird (Dunst, Unfertigkeiten, gemalte Zeichnung). Das Alien ist immer dabei. Es ist kein dramatisches Other, kein Enigma, sondern einfach dabei. Hängt in eben den Dunsteffekten, oder in den Rollos, den Gittern.

 

Verwandlung von Dingen in etwas Lebendiges? Nicht die Objekte, die lebendig werden sollen, sondern die Darstellung von Verhältnissen. Und wenn sie „lebendig“ sind, dann meint es auch „instabil“, nicht abschließbar.

 

Eine klare Darstellung von Verhältnissen ist kaum möglich bzw. nur partiell analysierbar, weil grundsätzlich Überforderung herrscht?

 

Und welche Rolle spielen Kunstobjekte und speziell Bilder bei diesem Treiben? Sind sie Markierungen zum Abstecken des Feldes? 
Analysemittel? Katalysator? Beschleuniger? Da das Treiben selbst aber schon eines von den massiv glitschigen Logiken des vom Kapital Angetriebenen ist, nehmen die gemalten Bilder und Objekte diese Struktur auf.

 

Painting as the development, enactment and exposition of a theory painting? Das auch 
spekulative Fragen, was die Bedeutung von Kunst aus einzelnen gemalten Bildern angeht. 
Performing, cascading images, some are jokes, some might be screams thrown into a discussion. Not polite. Loaded with moral confusions. Unbelievably unhinged. Andererseits tight, tight, tight. Words glued together. Dislocated paintings. Journalistic, yet too manic, subjective. Bloggy. Then again: Decidedly not personal views. Painted generically.

 

Die oft auf fotografischen und illustrativen Vorlagen aufgebauten und gemalten Bilder werden oft mit abstrakten Elementen wie Netzen oder Rollostrukturen oder anderen geometrischen Zeichen überzogen, und also gleichzeitig illuminiert, gehighlightet, ge-mappt, aber auch bewusst gestört in ihrem Bild-Sein.

 

Sie unterbrechen den Prozess der Lesens, des eine Haltung vor ihnen Einnehmens. Sie schlagen Umdispositionierung vor. Bilder im Raum, die von Raum und den politics von space handeln.

 

It’s the hellfest … and isn’t it that every art show is a disaster? Kunst als ongoing Traumatisierungstechnik? Oder doch eine holistische Variante.

 

Disjointed and inauthentic at its best! Funktion behaupten, sie aber gleich wieder verlieren. Ich denke dabei an die zur Abstraktheit tendierenden Bilder wie Fallen Landscape, Woman Trapped in Abstract Painting.

 

KP-Space ist auch immer: die Dimensionen aufsuchen, die sich einer Formgebung widersetzen, und versuchen, ein spezifisches Verhältnis zur Welt zu artikulieren, diese Artikulation aber eher provisorisch, instabil ausführen, sie als Vehikel begreifen, das sich aufmachen will in Richtung „ihre Freiheit“.

 

A set of things to act with.
Things that can be functional and extremely dysfunctional at the same time.

 

Die Secession als Ort für einen Entwurf einer „New No-Colony“ also: 
Like a dislocated space ship of sorts. Eine eigene Form zu einer Flucht-nach-vorne in die Freiheit hervorbringt. Alienated, excluded. Joyous. Space is pure analogy? 
Und so singen sie immerzu: “What about a spacecraft … away we dive.”

 

Space is itself a pure analogy. 
People becoming pure analogy.
Text turning pure analogy.

 

Sich auf ihre eigene Art der Formgebung widersetzende Materialien von KP, die das, was es nun zu sehen gibt, beschreiben:

 

„Zu dem Heliumballon kommen auch ein Portrait von Joe Kittinger als alter Mann und ein gemaltes Still von seinem Fall. Hier auch Max Plank und Fotini Markopolou-Kalamara, eine junge Wissenschaftlerin, die schneller denkt als das Licht und gerade versucht, die Quantenmechanik mit der Relativitätstheorie zu verbinden.

 

Die Verbindung zwischen Sience-Fiction und sozialen Themen oder dem Horrorfilm und Sozialkritik/Dystopien finde ich interessant. So z. B. bei Sun Ra in dem Film Space Is the Place oder Soilent Green. Überhaupt lese ich gerade viel Philip K. Dick und die Mars-Chroniken von Ray Bradbury und liebe Filme wie Dark Star und Mars Attacks!.

 

Zum Thema Kolonisation wird es ein Bild vom Kongo geben (Demokratie oder der Sohn des Königs), Anhänger von Joseph Kabila, die für ihn demonstrieren; eine Vorstellung/Fantasie vom Fremden, Strukturalismus unter Koffein und die Architektur der Insekten, gegenständliche Bilder, über die ein Netz/Gitter gelegt ist.
Auch das Bild Vogel Ziz (Bombenangriff auf Beirut) und Mista Chicken und der Subcomandante Marcos gehören hier dazu. Ein Portrait gibt’s von Ellen Johnston Shirliv, der Präsidentin von Liberia, die gerade versucht, ihr Land aus dem Dreck zu ziehen, eine tolle Frau. Eventuell auch noch ein Gruppenbild afrikanischer Frauen – sie übernehmen in immer mehr afrikanischen Gesellschaften die Geschäfte der Männer und sind im Verwalten und Organisieren weit besser. Durch schreckliche Bürgerkriege sind die Männer untereinander völlig zerstritten – den Frauen ist es jedoch möglich, Kompromisse zu schließen.

 

Ein anderes Bild heißt 700 Milliarden Dollar, der Kopf der Freiheitsstatue liegt neben dem von Charles Bronson am Boden, und ein dicker Börsen-Kerl will einen weiteren Kopf auf den Haufen werfen. Also ein paar Bilder, die eher in Richtung Karikatur gehen und sich über Zustände lustig machen. Ein großes Bild mit Dinosauriern, die Köpfe von Politikern haben und versuchen, sich mit ihren kleinen Ärmchen gegenseitig zu fassen und ein Bild von einem Menschen/Astronauten/Migranten, der von einer Horde Außerirdischer abgewehrt und nicht ins Universum reingelassen wird.

 

Ein Bild gibt’s zur Klimaveränderung (eine spiegelnde Kugel mit Perücke und außen rum Zitate aus Zeitungsartikeln) und dazu soll es noch ein weiteres geben, wo junge Linke in Davos ihre Popos als Protest in die Kamera strecken.
Die dreibeinige Herrscher: Kennst du diese Serie aus den 1980ern, the Tripods, die dreibeinigen Herrscher. Es gibt zwei in der Ausstellung – sie sind aus Stahl, nur so dünne Linien, eine abstrakte Form auf drei Beinen. Die Tripods waren lebendige Maschinen, die die Menschen kontrolliert haben und immer übers Land gestakst sind. Die kleinere Skulptur ist knapp 250 Zentimeter, die große soll vier Meter hoch werden. Die Beine sind sehr dünn, und wenn man sie berührt, fangen sie zu schwingen an.

 

Der Ballon ist mit Helium gefüllt, und das hält ihn an der Decke. Er ist nur halb gefüllt, damit er da wie so ein schlapper Sack hängt. Ausgangspunkt war die Person des Joe Kittinger, der im August 1960 mit einem Heliumballon im Rahmen eines Vorläuferprojektes der Nasa in den Weltraum in eine Höhe von 35 Kilometer gestiegen ist und dann auf die Erde zurückgesprungen, gefallen ist. Dieses Bild hat mich fasziniert, bis heute hält Joe K. den Rekord im freien Fall, er fiel mit annähernder Schallgeschwindigkeit.
Der Ballon mit seinem langsamen Aufsteigen steht für mich für ein beobachtendes Forschen, der Fall zurück auf die Erde Menschen-Schicksal.
Vor allem wusste ich nicht, dass es ernstzunehmende Raumfahrtprojekte mit Ballons gegeben hat – die Raketen (schneller – höher – lauter) haben das verdrängt (obwohl ich Raketen auch sehr klasse finde). Helium 3 ist ein Stoff, der in größeren Quantitäten auf dem Mond vermutet wird; deswegen das erneute Interesse am Mond.

 

Das Mobile ist eigentlich gar kein echtes Mobile, eher ein drehendes, hängendes Objekt. Habe mit KunststudentInnen aus Linz einige Pappmaschee-Meteoriten gebastelt, und die werden in einer Art Gleichgewicht, mit Motor betrieben, gedreht, ganz langsam. Ein paar Planeten sind bemoost, die Utopie von mehreren bewohnbaren Planeten. Wenn wir den einen kaputtmachen, ziehen wir einfach weiter.

 

Schwarzer Vorhang: Stellt für mich die schwarze Materie und die schwarze Energie dar, eben die 95 Prozent des Universums, die von der Wissenschaft mit Wörtern benannt werden, die eher aus der Heavy-Metal-Szene kommen könnten, als wissenschaftliche Benennungen zu sein. Unser schwarzer Hintergrund mit seiner Hintergrundstrahlung.

 

Das Video ist ein Videoclip zu dem Song No New Colonies, den ich gemeinsam mit Johanna Kirsch mache. Ich habe zwei Schaumstoffmasken, einen Wolf und einen Außerirdischen gebastelt, das Setting ist eine Nachrichtensendung. Der Wolf ist der Auslandskorrespondent und der Außerirdische der Journalist im Studio. Die beiden singen ein Lied mit ziemlich kryptischem Text. Das Video ist mit Blue Box gemacht – wir befinden uns mit unseren Masken in einer Animationswelt, sehr rudimentär, im Hintergrund setzen sich immer neue Umgebungen zusammen.

 

Schaumgummiskulptur: eine abstrakte Form, die ein wenig an einen Atompilz erinnert, roher, gelb-weißer Schaumgummi. Innen eine Mechanik, damit sie sich ein bisschen bewegt und dehnt.

 

Die Objekte, wie Ballon, Mobile, dreibeinige Herrscher, Vorhang und die Schaumgummiskulptur, sind alle nicht stabil, sondern ziemlich beweglich.

 

Lese gerade von Umberto Eco Das offene Kunstwerk, und mir gefällt die Vorstellung, dass solch ein Kunstwerk erst durch die Bewegung und den Beobachter komplettiert wird – oder auch durch die Studenten, die diese Meteoriten basteln. Die Idee ist da und man kann zusehen, wie das Objekt wird.

 

Auch wollte ich den Eindruck von einander widerstrebenden und ziehenden Kräften in der Ausstellung erzeugen. Das aufwärtsstrebende Helium und das Hängende – Gravitation und die Drehung, in der wir uns selbst befinden.“ (KP)

 

So sind sie formuliert, die Bedingungen ihres zeitgenössischen Lebens, ihres Blicks.

 

Is there such a thing as a post-exchange situation?
Mit paintings as proverbial props?? Folk art elements? Building Blocks für ein Psycho-physiologisches Space, an dessen Rändern KP operiert. Ich gucke in die Bilderreihen und sehe diese willentliche Aufweichung nicht nur von Raumeinheit und Space, sondern auch von Zeiteinheiten: Vor 19 Millionen Jahren, 13 Milliarden Jahre, Eiszeit, The Politics of Dinosaurs, Zack, das Bild vom Ufo, das mit einer antiken Säule kollidiert …
Das, was sich der Formgebung widersetzt.
Culture addressing its own self-cannibalization.
Author addressing her own self-cannibalization.

 

What will you get? What will you get? Trash for life. Bullet Points. In Flames. Feed the Beast. Isolationists. Cerebral Fix. Fall the Bastards. Ruin with No End. Moral Dilemma. Hole in the Sky. New Doom. Days of Rage. Drowning. Blood Laughter. Dark Space. The Sound of Breaking Up. The Lamp of Thot. Rain Without End. Cradle of Filth. In Flames. Feed the Beast.

 

Verwandlung von Text in Zombiesprache. 
To expose onself to one’s own un-groundedness! 
Und dann: 
Ist die Retina tatsächlich spheroidal? Brauchen die Bilder uns? 
Vielleicht wird die Wandzeichnung mehr Aufschluss geben können. Ein Mapping mit Tendenz hin zur Auflösung des Illustrativen, des ästhetischen Realismus. Es wird möglicherweise ein Plan sein, der zur Flucht aus Ausstellungen einlädt. Im Spaceship der Secession.
Und ein Meteorit aus Pappmaschee wird sich auf uns herabsenken und mit an Bord genommen! Schluss? Meteoriten fliegen und können nicht mitgenommen werden!

 

(Metal Maniacs; Jean-Luc Nancy: The Ground of the Image (Perspectives in Continental Philosophy), Fordham University Press 2005; Daniel Berchenko: Value, Space, and Linear Perspective: On Marx`s Critique of Bailey, New York: Sculpture Centre, 2009)