Barbara Plavcak, 2002
(Ab)bild
1.
Wir werden massenmedial tagtäglich mit Abbildern versorgt. Als ob wir mit der Wirklichkeit, die wir unmittelbar wahrnehmen, nicht genug zu tun hätten. Werden uns zusätzliche Wirklichkeitskopien geliefert, abgeladen am Frühstückstisch.
Die Demonstranten, der Kriegsschauplatz, die Raumstation Mir. Alles gesehen.
Fast so authentisch wie das Marmeladebrot. Nur bekleckern eben nicht möglich. Auch sonst irgendwie hygienischer, geordneter: Wirklichkeit vorsortiert, häppchenweise. Unsere Augen sind trainiert, unser Rezeptionsverhalten einstudiert. Wir sehen das Offensichtliche. Und immer wieder. The medium is the message. Schnell. Informiere dich. Das Angebot ist zwar nicht vielfältig, aber es ist groß.
Und trotzdem: Wir verschlucken uns selten. Das Abbild ist betrachterfreundlich eindeutig. Allfällige Interpretationsspielräume werden im Zweifelsfall weggetextet. Der Begleittext als Gebrauchsanweisung. Abbilder sind visuelles Fastfood. Wir sehen uns immerhin satt. Doch die leicht verdauliche Eindeutigkeit schmeckt schal.
Bitte Bilder.
2.
Sammeln. Schrauben zum Beispiel. Auch ausgewählte Abbilder. Die kommen in Kästchen, Schubladen, Klarsichtfolien, Mappen. In ihrem neuen Kontext gären sie vor sich hin. Luftblasen entstehen. Leerstellen. Dann werden sie wieder ausgepackt. Und können zu Bildern werden.
Was mit den Schrauben passiert, weiß ich nicht. Dauert wohl etwas länger.
3.
Leerstellen, Unbestimmtheiten. Einlassmöglichkeiten für den Betrachter. Eine Struktur mit Leerstellen ist ein Beteiligungsangebot für den Rezipienten, sagt Wolfgang Iser über Literatur. Der Akt des Lesens beginnt bei der Auslese, könnte Katrin Plavcak über Malerei sagen.